Allgemein

  • The Palestinian Wall

    good price

    „I live in a fucked up Country“ begründet Eyad, dass er mich über den Tisch ziehen will; „It‘s a fucked up life“. Unversehens stecke ich wieder in einer dieser Situationen, die mich in den All-inclusive-Urlaub treiben können. Warum soll es eigentlich charmant sein, bei jeder Avocado über den Preis zu feilschen? Ich komme aus Köln Klettenberg, da stand schon, als ich noch Kind war, an dem blau-gelb-grünen Pollunder in der Kaufhalle 17 Mark 50; und die hat meine Mutter dann bezahlt. Ich bin in einem System groß geworden, in dem der Händler einen Preis bestimmt und ich dann sagen kann „Au ja“ oder „Och nö“. Sagen zu viele Kunden „Och…

  • An Jom Kippur gehört die Stadt den Fußgängern

    Geisterstadt

    Und wenn dann plötzlich Motorengeräusch zu hören ist. Wenn die Telavivians, die eben noch in den Sonnenuntergang am Strand vertieft waren, sich unterhalten haben, beim Beachball neue Kontakte geknüpft haben, sich plötzlich, Zombie-gleich gen Küstenstraße wenden, wo flackerndes Neon vom Neustart des Restaurants, des Imbiss, des Supermarktes kündet – dann ist Jom Kippur vorbei. 28 Stunden Stillstand räkeln sich, dehnen sich. 28 Stunden, in denen einfach Ruhe herrschte. Ja, wer akut lebensgefährdet ist, wird behandelt. Wer in Not ist, hat in der Polizei seinen Ansprechpartner. Und drückte irgendein Araber auf einen Roten Knopf, wäre Benjamin Netanjahu in der Lage, den Verteidigungsfall auszurufen. Darüber hinaus herrscht Stille. Tel Aviv mit seinen…

  • Mietwagen mit Getriebeschaden an der Autobahn 2 zwischen Caesarea und Tel Aviv

    Breakdown

    Und plötzlich bist Du raus. Der Moment, in dem Deine Alltagsroutine Makulatur wird und Du Dich in unerforschtem Terrain befindest, ist nicht zufällig favorite plot großer Horror-Autoren wie Stephen King oder John Carpenter. Ich hatte meinen Moment, in dem das dünne Bändchen zur eingebildeten Sicherheit riss, bei windstillen 33 Grad, 45 Kilometer vor Tel Aviv (das jedenfalls sagte mein Navi, das, wie ich an dieser Stelle wohl erwähnen sollte, sich bisweilen schlechter im links-rechts-geradeaus-Straßenverkehr israelischer Städte auskennt, als ich) auf der Autobahn 2 zwischen Caesarea und Tel Aviv. Der Motor jault auf, Gangknüppel und Getriebe finden nicht mehr zueinander; als Laie würde ich sagen, mein Chevrolet dreht durch. Unangenehm. Aber…

  • Polizei am Abend in Tel Aviv

    Wurfsache

    Es gibt einen lustigen Job hier in Israel: Der besteht darin, scheckkartengroße Ruf!Mich!!An!!!–Zettel auf den Boden zu werfen; darauf zu sehen sind Damen in knapper Bademode, die den potenziellen Betrachter herausfordernd angucken oder solche in engem Sommerkleidchen, die nicht gucken können, weil ihr Gesicht unkenntlich gemacht wurde – aber um das Gesicht geht es wohl auch erst in zweiter Linie. Man sieht die Karten-auf-den-Boden-Werfer in Tel Aviv nach Einbruch der Dunkelheit; Studenten auf E-Bikes, hagere Fußgänger gesetzteren Alters. Sie gehen (oder rollen) ein paar Meter, bleiben dann eben mal so stehen, gucken sich verstohlen um, werfen aus dem Handgelenk ein paar Kärtchen und gehen (oder rollen) weiter. Die Herrschaften erinnern…

  • In Yad Vashem

    Menschlich. … Menschlich?

    Die Feiertage sind vorbei. Endlich habe ich ein Auto. Ich fahre nach Jerusalem. Nach Yad Vashem. Klar. Pflichtbesuch. Bin ich erschüttert? Beeindruckt! Aufbau, Architektur, Begleitung – das ist mehr als die Halle der Namen, die im Fernsehen immer auftaucht, wenn ein deutscher Politiker Israel besucht. Als Deutscher … ich glaube, das kann ich … kann ich? … naja, pflichtschuldigst festhalten: Vieles – Machtergreifung Hitler, Reichspogromnacht, Juden in die Lager – Vieles von dem, was mein Audioguide erzählt, kann ich mitsprechen. Aber nicht die vielen Einzelheiten. Die allein sind aber nur gut für eine Geschichtsstunde. Interessant ist, dass mir der Besuch zeigt, dass die Nationen …, die Gesellschaft …, wir …,…

  • Büste von Ben Gurion am Ben Gurion Airport, Tel Aviv

    Nachtleben

    Du weißt, Du bist im Urlaub, wenn Du das Flughafengebäude verlässt, und Dich eine heiße Wand begrüßt: 26 Grad Celsius – morgens um halb vier. Dass es halb vier ist, sagt die Uhr im Terminal – ich muss mich eine Stunde vorstellen, meine innere Uhr sagt noch „halb drei“. Aber das ist ein unwesentliches Detail. Interessanter ist, dass der Flughafen Ben Gurion um diese Zeit so belebt ist, wie der Frankfurter Flughafen zu Ferienbeginn, wenn die Piloten streiken. Erster Eindruck: Die leben hier auch nachts. Reisen bildet ja. Reisen empört auch; mich zumindest. Das kleine Vorhängeschloss an meinem Koffer ist verschwunden. Nicht weiter tragisch, das hätte wohl ohnehin ein Dreijähriger…

  • Der Felsendom in Jerusalem

    Shalom, Israel!

    „Kenia kann ich dieses Jahr nicht. Wird zu teuer.“, antworte ich. „Fahr doch nach Israel.“, sagt mein Neffe. „Ist cool da!“ „Israel ..? Och …“ Länger war die Entscheidungsfindung nicht. Ausgerechnet Israel. Da habe ich noch nie hin gewollt. Bei Israel denke ich immer an diese Vergangenheit, die uns von Kindesbeinen eingebleut wird; ich denke an Belehrungen, Ermahnungen, Raketen, Siedlungsbau und Korkenzieherlocken. An „Reisen“ denke ich bei Israel nicht. Da bin ich nicht alleine. Meine Tante hat gleich meinen Verstand in Frage gestellt – Krieg, Terror, Selbstmordattentäter; wie ich denn da hinfahren könne. „‘Ist cool da‘, habe ich gehört. Tel Aviv muss der Hit sein!“ Manchmal gelingt es mir, durch…

  • Die Zugspitze im Abendlicht

    Servus, Wöid

    G7-Gipfel. Die Mächtigen der Welt treffen sich. Und sorgen zunächst einmal für Staus auf den Autobahnen, in denen Menschen stehen, die ganz andere Probleme haben, als das, die Erderwärmung auf 2 Grad in soundsoviel Jahren begrenzen zu wollen; die Leute im Stau wollen in ihren Brückentags-Urlaub, haben häufig quengelnde Gören im Fonds sitzen, die seit Wochen nicht in der Kita betreut werden können, draußen hat‘s 30 Grad, aber hier staut‘s, weil in ein paar Tagen der Obama und die Merkel und die anderen, deren Namen einem immer nicht einfallen, auf einem Schloss bei Garmisch Partenkirchen miteinander reden wollen – und sind wir ehrlich: Von diesem Elmau haben wir bis vor…