Frau als Wallpaper auf Desktop auf einem Bett
Christoph,  Frauen,  Gesellschaft,  Kenia,  Reisen,  Social Media,  Urlaub

Single Bedroom

Das Reisen als Alleinstehender birgt manchen Nachteil. Einzelzimmer-Hotelbetten spotten – für einen Mann meiner Größe – jeder Beschreibung, alles ist teurer, Allein-Esser-Tische stehen meistens beim Klo und hier in Kenia ist das Fliegen alleine billiger als das Fahren alleine.

Ich hätte gerne einen meiner Ortswechsel via Auto erledigt, einfach um die Dimension des Landes zu spüren. Hier wohnen 40 Millionen Menschen. Das ist halb so viel, wie in Deutschland; Kenia ist aber anderthalb mal so groß wie Deutschland. Diese trockene Zahl hätte ich gerne auf Land– und Fernstraßen erlebt. Aber diese – weiß nicht, vier-, fünfstündige – Fahrt wäre mich doppelt so teuer gekommen, wie der halbstündige Flug. Also bin ich geflogen und habe auf das Spüren verzichtet.

Das Reisen als Alleinstehender hat aber auch entzückende Vorteile. Du musst Dich nicht mit diesem Frauending auseinandersetzen – „Lass uns dieses süße Masai-Dorf besuchen“ etwa. Sie will dort nicht shoppen – Bitte! Du bist doch nicht mit einer Frau zusammen, die ein Masai-Dorf für eine Shoppingmall hält! Nein, sie will es nur besuchen. Frauen haben da so ein ethnisch-kulturelles Interesse, in fremder Leute Hütte zu gucken. Während Du daneben stehst und Dir vorkommst, als wärst Du im Zoo. Ein Dorf der Masai zu besuchen ist, wie in den Nationalpark zu fahren. Hier wie dort gaffst Du die Einwohner an und bist großzügig beim Trinkgeld.

Noch etwas kannst Du tun, wenn Du ohne Frau verreist. Du kannst Dich Deinen technischen Gimmicks – im Urlaub: Die Kamera – hingeben. Weil ich keine Familie habe, mit der ich gemeinsam einen Urlaub erlebe, kann ich mich ganz der Erzähltechnik widmen, ohne Angst haben zu müssen, dass jemand – „Och Papa!“ oder „Och Schatz!“ – nölt. Ich dachte, ich wäre in Urlaubserzähltechnikbenutzung exzessiv. Aber ich bin Durchschnitt.

Herr Abe fotografiert

In Amboseli habe ich Herrn Abe aus Yokohama kennengelernt – Alleinreisender wie ich – der im wirklichen Leben anders heißt. Herr Abe also reist auf Safari mit einer CANON EOS 5D MARK II und diversen Objektiven, von denen das größte, „a Threehundred“, geschätzt 40 Zentimeter lang ist. Der Wert seiner Kameraausrüstung übersteigt den Wert seiner Reise.

Herr Abe fotografiert wie das Klischee des Japaners auf dem Münchner Marienplatz: ununterbrochen. Bei besonders gelungenen Motiven sagt er anschließend so was wie „Shshshiiii“. Frauen erlauben nicht, dass sich Männer im Urlaub ihren technischen Spielsachen hingeben. Zumindest erlauben die falschen Frauen das nicht – und hätten Herr Abe oder ich die richtige Frau kennengelernt – oder, sagen wir: die zu uns passende Frau – würden wir uns zwischen Tiere gucken und Dinner wahrscheinlich freiwillig nicht mit technischen Gimmicks befassen – oder das mit dieser Frau gemeinsam tun.

Herr Abe inspiziert seine Fotos

Selbst abends beim Dinner sitzt Herr Abe konzentriert über seinem SAMSUNG-Tablet und studiert seine Fotoausbeute des Tages. Er hat sie mir gezeigt. Die allermeisten Motive, die er da während des Abendessens mit einer Samsung-Fotoalbum-App durchblättern lässt, sehen aus wie, hingeknipste Urlaubsschnappschüsse – unscharf, manchem Tier, das er fotografiert, fehlt der Kopf, viele Bilder sind überbelichtet. Herr Abe kompensiert nichts mit seinem riesigen Fotoapparat. Herr Abe versteckt sich dahinter vor den Familien um ihn herum.

Herr Abe reist, wie ich, weiter nach Nakuru und Masai Mara. Er wirkte enttäuscht, als klar wurde, dass wir in unterschiedlichen Lodges wohnen. Er strahlte, als ich sagte, möglicherweise begegneten wir uns ja auf einer der Pirschfahrten. Womöglich träumt Herr Abe hinter seiner Kamera von Frau und Kindern – was die mangelnde Qualität seiner Fotos erklärten könnte.

P.S.: Alleinreisende bekommen beim Essen immer den Tisch am Klo? Nicht in der Tawi Lodge. Die Tische von Herrn Abe und mir stehen in der ersten Reihe. Wir essen mit freiem Blick auf Wasserloch mit Elefanten, Giraffen, Antilopen und Pavianen. Die Familien sitzen hinter uns; Familienmitglieder sollen sich ja auf Familienmitglieder konzentrieren.

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