• Oktober im Mainzer Hauptbahnhof

    7.03 Uhr ab Mainz Hbf

    Und plötzlich bin ich wieder im Job. Fünf Monate habe ich das nicht mehr gehabt: Morgens klingelt der Wecker, im Radio albern Zeus und Wirbitzki sich durch die SWR3-Morningshow (mein erster Gedanke ist Zum Glück nicht die anderen beiden, die Griechin und der Schwätzer – ganz wie früher). Auf dem Weg zum Arbeitsplatz ist mein Schritt wieder schnell. Längst leiste ich mir in meinem Vorruhestand den gemächlichen Gang des Privatiers, der es nicht eilig hat. Ich bleibe an roten Fußgängerampeln stehen, nicht der Kinder wegen, sondern weil ich Zeit habe; warum die Eile. Und jetzt wieder Stechschritt im Slalom um lauter Rollkoffer und Businessdresses – rote Ampel? Nicht gesehen! Ich…

  • Mit Macbook und Kaffeetasse im Bett

    Was ich heute kann besorgen …

    „Was machst‘n jetzt so?“ Schwer zu beantworten, die Frage. Diesen Text zum Beispiel schreibe ich gerade im Bett – am hellichten Tag. Ich muss heute nirgendwo hin. Und schreiben kann ich überall, also warum nicht hier? Hier überkam mich die Idee, das aufzuschreiben, also los geht‘s. Warum erst aufstehen? Zwanghafte Ermahnungen Das war doch jetzt gar nicht so schwer zu beantworten. In Worten nicht. Aber darf man das? Einfach so im Bett bleiben? Ich meine: Ist das gesellschaftlich okee? Luxusproblem! Es ist etwas anderes, immer nur zu sagen, wenn ich dann im Vorruhestand bin, habe ich keinen Termindruck mehr und dann im Vorruhestand langsam zu lernen, dass ich, was ich…

  • Hartung verabschiedet sich in den Vorruhestand

    Ich, Idiot!

    „Journalisten sind Leute, die ein Leben lang darüber nachdenken, welchen Beruf sie eigentlich verfehlt haben“, sagte Mark Twain. Und jetzt? Ich beende gerade mein Journalistenleben – naja, zumindest das von Dienstplänen vorbestimmte – und weiß immer noch nicht, welchen Beruf ich verfehlt habe. „Alles auf Los!“ nach 34 Jahren Schauen Sie, ich arbeite seit 33 Jahren und jetzt stehe ich vor dem Vorruhestand. Und jetzt? Während sofort der Chor der Barrikaden-gestählten Alt-68er anschwillt, die mir mit bildungsbürgerlichem Schaum vor dem Mund ein First-World-Problem, ein Luxus-Problem attestieren, sage ich „Ja! Trotzdem ist es ein Problem – wenn auch nur meins!“ Vor 33 Jahren bin ich ins Arbeitsleben eingestiegen … okay, streng…

  • Im Großraum der heute.de

    Abschied auf Raten

    Meine letzten Tage im ZDF sind angebrochen. Plötzlich häufen sich jene Dinge, die mir zum letzten Mal widerfahren – Kantine, Konferenzen. Ich habe meine Schlüssel abgegeben. Ganz dem Zeitgeist gemäß halte ich die Eindrücke via SnapChat fest. Drei News-Schichten bleiben. Der Countdown läuft.

  • Übertragungswagen im Medienzentrum zum G7-Gipfel 2015

    Ein Sender, ein Gipfel, ein Team

    Plötzlich bin ich wieder Reporter. Der Tag, der mit einer Pleite Fahrt aufnahm, endet in fröhlichem Miteinander an der Hotelbar, während Barcelona die Champions League gewinnt. Der Satz „Wir sind doch ein Sender“ – der eigentlich gerne meinen will „Wir sind doch eine Familie“ – verliert hier in Garmisch-Partenkirchen seine klebrige Verlogenheit. Ich hatte mich darauf vorbereitet, mich mit meiner Kamera heute ins Getümmel der ersten Großdemo hier zu stürzen, Auftrag: Bilder liefern für die Reporter, die die G7-Stücke für unsere Abendnachrichten bauen. Orga-Chef A. sah in mir als Videojournalist („VJ“), als Kamerareporter vor allem die schnelle, mobile Reportage-Unit; die Vorteile des Ein-Mann-Teams in einer Großdemo, bei der Gewalt nicht…

  • Große Drei-Brücken-Tour

    Die lange Flucht vor dem Wissen, wie es ist

    Beim Zahnarzt. Eindreiviertel Stunde, 105 Minuten. Länger als ein durchschnittlicher Woody-Allen-Film. Sie bohrt, schleift, macht Abdrücke, nee, tut nicht weh. Ich lass mir eine Spritze geben und gut ist. Eine neue Azubi, Inderin? Schwarze Glutaugen. Die andere Assistentin kenne ich schon, blond, blauäugig, jung, cool. Gefällt mir. Sitze einen Woody-Allen-Film lang unbeweglich da mit Maulsperre. Bohren, Schleifen, absaugen, „mal beißen, bitte“, die Azubi blickt’s noch nicht, macht Fehler und wird zickig; „ist sie immer, wenn es auf den Feierabend zugeht“, sagt die coole Blonde. Ich muss raus aus diesem Stuhl, mich bewegen. „Fertig für heute. Haben Sie schon einen neuen Termin?“ „Nein.“ „Das Labor braucht zehn Tage für die Krone.“…

  • Frank-Walter Steinmeier bei Wutrede in Berlin

    Ein Minister kotzt sich aus

    Na, da hat sich ja mal einer aus dem Fenster gehängt. Frank-Walter Steinmeier, Deutschlands oberster Diplomat, hat sich mal ausgekotzt und ein paar „Frieden, Frieden! Ihr Kriegstreiber!“ krakeelende Demonstranten nieder gebrüllt. 500.000 Klicks bei Youtube. Oder schon 700.000? Egal, auf jeden Fall etwa 1.000 mal so viele, wie sonstige Steinmeier-Videos so erreichen. Kalkül? Echter Zorn? Wer weiß das schon? Schließlich ist Wahlkampf und das linker-Zeigefinger-rechter-Zeigefinger-Gefuchtel bei rauer Brüllstimme kennen wir von seinen Auftritten. Aber nicht so scharf. In unserer auf Konsens gebügelten Gesellschaft geht das schnell nach hinten los. Konflikte werden klein gehalten, die Kritiker stigmatisiert. Nicht das Kritisierte ist möglicherweise mit Mängeln behaftet, sondern der, der die Mängel ausspricht.…

  • Die Helden des DC-Comic-Universums: Flash, Aquaman, Superman, Batman, Wonder Woman, Cyborg, Green Lantern

    Peters Prinzip

    John Gholson schrieb in seinem Comic-Blog Gutters & Panels neulich über die Personalführungs-Gepflogenheiten im DC-Verlag – das ist der Verlag, der seit bald 70 Jahren die Abenteuer von SUPERMAN, BATMAN, Green Lantern oder der Legion der Superhelden verbreitet. Gholson führt darin penibel auf, welche Autoren, Zeichner, Redakteure wie schnell wieder gefeuert wurden, weil ein Executive aus der oberen Etage mit der Arbeit des Autors, des Zeichners, des Redakteurs nicht zufrieden war. „Nicht zufrieden“ heißt in diesem Fall: Der oder die Executive fühlte sich übergangen, missachtet, nicht wert genug geschätzt, bekam Schiss ob einer vermeintlichen Experimentierfreudigkeit des AutorsZeichnersRedakteurs und beendete ein neues Storyprojekt so schnell, dass es keine Chance hatte, am…