• Grafik: Emoticon (Zorn) mit Wahlzettel auf rotem Grund

    Hört auf die Schreie

    Ein enttäuschter Kandidat verliert die Fassung. Der AfD-Kandidat will seine alte Dregger-CDU zurück haben. Die Kandidaten der Grünen applaudieren sich selbst. Und die Kanzlerin erklärt weiter-regieren-können zum Selbstzweck ihrer Partei. Was für ein Fernsehabend. Der wahrhaftigste Moment am Abend des 24. Septembers, des Sonntags der Bundestagswahl, jener Moment, in dem das Fernsehen zeigte, warum es eben manchmal doch das bessere Medium ist, besser als das Kino-im-Kopf-Radio, besser als das Wir-sind-schneller-Internet, kam in der Berliner Runde, als der abgeschlagene SPD-Kandidat Martin Schulz seine ganze zornige Enttäuschung zwischen den Zähnen hervor ätzte und Grünen und Gelben versprach, sie könnten leicht mit der CDU koalieren, deren Vorsitzende werde alle ihre Bedingungen erfüllen, Hauptsache…

  • Donald Trumps Zeigefinger

    Es kotzt mich an

    „Der Aufstand“, titelt die analoge Ausgabe des Springer-Blattes „Die Welt“ heute und zeigt als Titelfoto eine verschämt ihr Gesicht verbergende Freiheitsstatue. So viel unverhohlene Arroganz muss man sich erst einmal erlauben: Die Mehrheit der US-Bürger (nach amerikanischem, dort allseits akzeptierten Wahlmodus mit den Wahlmännern) hat für einen Präsidenten gestimmt, der nicht Hillary Clinton heißt. Das ist kein „Aufstand“. Das nennt man Demokratie. Wir großartigen Alles-Checker Demokratie ist nicht nur, wenn einem das Ergebnis – oder wenigstens die Wähler dahinter – passt. Demokratie ist auch, muss man daran allen Ernstes erinnern, wenn eine Mehrheit einen augenscheinlich amoralischen Sexisten zu ihrem Anführer wählt. Wie es „so weit“ kommen konnte, fragen entsetzt die…

  • Schüler-Reporter im Klassenzimmer der Zukunft auf der Buchmesse Frankfurt

    Diese Jugend von heute

    Wir Journalisten sind schon zynische Arschlöcher. Hauptsache: schlecht. Katastrophen verkaufen sich gut, lernen wir – was unseren Lesern und Zuschauern gegenüber so respektlos ist wie dieses Sex sells (und wir wurden zu Zynikern in diesem Beruf, weil wir lernten, dass sich Katastrophen mit Fotos von Feuerbällen wirklich besser verkaufen, als Happy-Go-Lucky-Journalismus – dass es uns gut geht, wissen die Leser schließlich auch ohne uns). Also schreiben wir über Bildungsmisere und deren Cousine, die Bildungsferne, berichten über Null-Bock-Jugend und Generation Praktikum. Wir Journalisten, die sowas schreiben, sind dann meistens eher so meine Generation, also ab 45 aufwärts – oder eher ab 45 abwärts, wie die kreative Jugend sagen würde. Liest man…

  • Oktober im Mainzer Hauptbahnhof

    7.03 Uhr ab Mainz Hbf

    Und plötzlich bin ich wieder im Job. Fünf Monate habe ich das nicht mehr gehabt: Morgens klingelt der Wecker, im Radio albern Zeus und Wirbitzki sich durch die SWR3-Morningshow (mein erster Gedanke ist Zum Glück nicht die anderen beiden, die Griechin und der Schwätzer – ganz wie früher). Auf dem Weg zum Arbeitsplatz ist mein Schritt wieder schnell. Längst leiste ich mir in meinem Vorruhestand den gemächlichen Gang des Privatiers, der es nicht eilig hat. Ich bleibe an roten Fußgängerampeln stehen, nicht der Kinder wegen, sondern weil ich Zeit habe; warum die Eile. Und jetzt wieder Stechschritt im Slalom um lauter Rollkoffer und Businessdresses – rote Ampel? Nicht gesehen! Ich…

  • La Playa, Valle Gran Rey

    Reisegruppenbuilding

    Sechs Menschen verreisen gemeinsam. Drei Frauen, drei Männer, drei Wochen, zwei Ferienwohnungen, zwei Generationen, zwei Paare, zwei Singles. Das klingt wie ein Drehbuchkonzept für eine französische Sommer-Romanze, an deren Ende drei Paare stehen – allerdings keines der vom Anfang mehr. La Gomera – Außenposten des Sauerlands So wird es bei uns nicht sein. K. und L. – das eine Paar – sind 18, Reinhard ist mit meiner Schwester Britta liiert – das zweite Paar; Reinhards Tochter P. ist 17 und schließlich noch ich, 55. Aus dieser Konstellation neue Paare zu würfeln, würde selbst ein Gesellschafts-Filetierer wie Claude Chabrol vor große Probleme stellen. Was aber nicht heißt, dass nicht trotzdem eine…

  • Brexit (Symbolbild)

    Sperrt die Alten weg!

    Vor einem Jahr haben alle darüber nachgedacht, wie man die Pleite-Griechen aus der EU werfen könnte, ohne sich die diplomatischen Finger schmutzig zu machen. Das Wort vom #Grexit machte die Runde. Ein Jahr später sind die Griechen immer noch in der EU. Statt dessen ist das United Kingdom draußen, freiwillig. Gut so! Mit Großbritannien verlässt der stärkste Spaltpilz der Union die EU. Ein Land, das mitmachen wollte, um sich Einfluss zu sichern, aber, bitteschön, sonst nichts mit den Kontinentalen zu tun haben wollte. Es gab dafür aus historischer Sicht gute Gründe. England und später UK waren schon demokratisch, als der Kontinent noch von feudalen Kriegen beherrscht wurde. Warum also sollten…

  • Im Großraum der heute.de

    Abschied auf Raten

    Meine letzten Tage im ZDF sind angebrochen. Plötzlich häufen sich jene Dinge, die mir zum letzten Mal widerfahren – Kantine, Konferenzen. Ich habe meine Schlüssel abgegeben. Ganz dem Zeitgeist gemäß halte ich die Eindrücke via SnapChat fest. Drei News-Schichten bleiben. Der Countdown läuft.

  • Christoph ist felixeltz bei Snapchat

    Auf nach Digitalien

    Ich habe einen Account bei Facebook. Ich bin bei Twitter. Auf Instagram lade ich bisweilen Bilder hoch. Bei Pinterest bin ich auch immer noch. Seit neuestem probiere ich mich auf Snapchat. All diese Accounts sinnvoll zu steuern, sie vernünftig zu nutzen, erfordert andere Skills, als sich in ein Auto zu setzen, zur Arbeit zu fahren und im analogen Miteinander das Leben nicht den Bach runter gehen zu lassen. Als Christoph Hartung eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem digitalisierten Hologramm verwandelt. Ich verwandele mich. Meine analoge Körperlichkeit entwickelt sich zu einem 90 Kilo schweren Anhang eines Geistes, der zu lernen beginnt, dass er…