Grauschimmer
Es ist Mittwoch. Der letzte Mittwoch unseres Urlaubs. Es wird Zeit, die Rückreise ins Auge zu fassen. Unsere Fähre verlässt San Sebastian Sonntagmorgen um neun Uhr, das heißt, wir müssen hier in La Calera um sieben Uhr mit gepackten Sachen ins Taxi steigen. Wir haben entschieden, unseren Mietwagen hier abzugeben und ein Großraumtaxi zu chartern – das macht alles etwas einfacher.
Unentschieden ist noch, ob wir, wie Reinhard das möchte, um viertel vor sieben losfahren, „um genügend zeitlichen Puffer“ zu haben, oder ob wir um sieben Uhr losfahren, was Britta und ich als zeitlichen Puffer ausreichend finden, legt man zugrunde, dass die einfache Fahrt über die Insel im Schnitt 45 Minuten dauert und dass die Fred-Olsen-Fähre bisweilen auch schon mal 15 Minuten früher ablegt als angekündigt. Das Management der Fähren von San Sebastian nach Teneriffa oder zu den anderen Inseln fragwürdig zu nennen ist erlaubt und untertrieben. Zwei konkurrierende Unternehmen fahren morgens – die eine um viertel vor neun, die andere um neun Uhr, dann fahren beide wieder am späten Nachmittag. Dazwischen: Nichts. Aber Flugzeuge mit Passagieren drinnen, die auf die kanarischen Nachbarinseln (oder von dort zurück) wollen, landen am Airport Tenerife Sur im 15-Minuten-Takt.
Wir werden, so alles gut geht, wir die Fähre erwischen, am Flughafen die sechs Stunden Wartezeit bis zwanzig vor fünf schon irgendwie überbrücken – genug zu lesen ist für alle da. Das ist lästig, und eben auch nicht zu ändern. Aber all diese kleinen Unpässlichkeiten, gepaart mit dem „letzten Mittwoch“ und dem „letzten Donnerstag“ und zuvor schon dem „letzten Dienstag“ usw. haben einen melancholischen Grauschleier über unsere kleine Reisegruppe gelegt. Ich habe den Eindruck, wir gehen uns ein bisschen aus dem Weg, jeder verbringt mehr Zeit mit sich und in sich.
Drei Wochen Urlaub neigen sich dem Ende zu, eine intensiv erlebte Zeit will verarbeitet werden … ist eigentlich immer so und ebenso wenig zu ändern, wie die albernen Fährzeiten der Spanier. Also was soll’s: Knackblauer Himmel, dunkelblaues Meer, unser Nachbar Miguel hat seinen Jazz mal wieder auf Mithörlautstärke gedreht, am Nachmittag geht’s an den Strand und für heute Abend haben P. und ich Paella bestellt.
Für die süßen Wonnen der Melancholie habe ich später noch Zeit.