Die Gelassenheit des Alters
Der „Firle-Franz“. „Franz Wurst“. Die Namen, die sich die deutschen Leitmedien für die Lichtgestalt, Kaiser Franz Beckenbauer, so einfallen lassen, sind vielseitig. Ebenso vielseitig, wie die sprachlichen Blüten des viel Benamten. „Schau’n mer mal!“
Ob er mal „in einem Jahr 15 Monate durchgespielt“ hat, ob er die Ansicht vertritt, dass es „nur eine Möglichkeit gibt: Sieg, Unentschieden oder Niederlage“ oder erkennt, dass die „Schweden keine Holländer sind. Das hat man ganz deutlich gesehen“, ob er über Sklavenarbeiten in Katar nichts sagen kann, weil er dort keine Sklaven gesehen hat und das, obwohl er – im Gegensatz zu manchem Journalisten, der so großsprecherisch über Sklaverei schreibe – in Katar selber gewesen ist oder außerehliche Amouren mit Folgen jovial damit entschuldigt, dass die „Wurzeln der Beckenbauers in Franken liegen. Das waren lustige Familien, alles uneheliche Kinder. Wir sind dabei geblieben“.
Herr Beckenbauer darf sagen, was er möchte. Und das nicht nur, weil wir alle wissen, dass er morgen bei Bedarf auch das Gegenteil dessen sagt, was er heute gesagt hat („Ich habe gesagt: Man kann alle in einen Sack stecken und so weiter. Kritik kam dann auf mich zu, aber ich hab das nicht so negativ gemeint.“), sondern auch – und das bleibt der Eintrag in den Geschichtsbüchern für die Ewigkeit: Er hat ins untere rechte Loch der ZDFsportstudio-Torwand getroffen – von einem Weißbierglas aus. Der Franz kann’s.
Heute Nachmittag hat die FIFA Franz Beckenbauer für 90 Tage für jegliche nationale und internationale Tätigkeit im Fußball gesperrt. Wegen „unethischen Verhaltens“ im Zusammenhang mit Korruptionsvorwürfen bei der Vergabe der Fußball-WM 2022 an Katar. Beckenbauer hatte Fragen des FIFA-Sonderermittlers nicht beantwortet, weil die auf Englisch kamen. Seiner Bitte, diese juristischen Feinheiten auf deutsch zuzusenden, war offenbar nicht entsprochen worden, also hat Beckenbauer „auf meine Weise geantwortet“. Und diese „Weise“ hat er am Abend im Bezahlsender „Sky“ erläutert. Diese vier Minuten Fernsehen dürfen dereinst in Geburtstagswürdigungen nicht fehlen, will man sich der gelassenen Haltung Beckenbauers, der niemandem mehr etwas beweisen muss und will, nähern.
Auf die Frage, wie er seinen Beruf bezeichnen würde, sagte Beckenbauer mal: „Ich würde mich als Gelegenheitsarbeiter bezeichnen.“
Ein Kommentar
Kai Budde
Unerschütterlich, dieser Kaiser 🙂