Nicht für die Schule …
Einfach ma einen raushauen. Ob‘s stimmt, seh‘n wa dann später!
Beim Wortfindungsspiel „Stadt – Land – Fluss“ geht es darum, am schnellsten Begriffe zu definierten Kategorien zu finden, die alle mit dem selben Buchstaben beginnen. Das Spiel war früher bei bildungsbürgerlichen Eltern beliebt, um dem Nachwuchs einen reichen Wortschatz nebst geografischen Kenntnissen zu vermitteln. Ähnlich dem Erkenntnisgewinn beim Kreuzworträtsel kannten bald auch 12-Jährige exotische Flüsse mit dem Anfangsbuchstaben X.
In Zeiten von 24/7-Online und jederzeit verfügbarer Lexika markiert das Kennen exotischer Flüsse mit X keinen Vorsprung mehr, im Gegenteil, eher verstopft es die nur begrenzt vorhandenen Zellen des Gehirns, die heute woanders dringlicher gebraucht werden – zum Beispiel bei der Einrichtung einer Surroundanlage rund um das Fernsehgerät.
L. zeigt mir auf La Gomera, wie er heutzutage – erfolgreich – an „Stadt – Land – Fluss“ herangeht. So schreibt er bei Fluss irgendeine Buchstabenkombination auf, die ihm irgendwie plausibel erscheint und schaut anschließend, wenn die aktuelle Runde von allen aufgelöst wird, via Google nach, ob es einen Fluss mit diesem Namen gibt. Erfolgsquote: 70 Prozent. Nicht schlecht. Er müsse ja irgendwas schreiben, sagt L.. Er könne ja, ohne alle Spalten ausgefüllt zu haben, die Runde nicht als Erster fertig machen; wenn der Begriff dann falsch wäre, wär‘s Wurst.
Ich lerne jeden Tag an unserem Generationenstammtisch dazu: Lexikalisches Wissen ist für Jetzt-in-den-Beruf-Starter mehr denn je Ballast von fragwürdigem Wert. Wichtiger ist Chuzpe, die Kunst des Bluffs. Und es stimmt ja: Im Geschäftsleben treffe ich dauernd auf Menschen, die eine Behauptung aufstellen, aus der sie eine Wertschöpfung generieren – „frisches Brot“, „schneller Computer“, „Smartphone“, „Sonderangebot“, „Großer Film“ – zahlbar im Voraus. Bis ich den Wahrheitsgehalt der Behauptung überprüfen kann, ist das Geschäft längst über die Bühne gegangen.
Non scholae, sed vitae discimus …