Die Zugspitze im Abendlicht
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Servus, Wöid

G7-Gipfel. Die Mächtigen der Welt treffen sich. Und sorgen zunächst einmal für Staus auf den Autobahnen, in denen Menschen stehen, die ganz andere Probleme haben, als das, die Erderwärmung auf 2 Grad in soundsoviel Jahren begrenzen zu wollen; die Leute im Stau wollen in ihren Brückentags-Urlaub, haben häufig quengelnde Gören im Fonds sitzen, die seit Wochen nicht in der Kita betreut werden können, draußen hat‘s 30 Grad, aber hier staut‘s, weil in ein paar Tagen der Obama und die Merkel und die anderen, deren Namen einem immer nicht einfallen, auf einem Schloss bei Garmisch Partenkirchen miteinander reden wollen – und sind wir ehrlich: Von diesem Elmau haben wir bis vor ein paar Wochen auch nicht gewusst, dass es das gibt, aber mittlerweile hat uns das Fernsehen mit jedem Winkel dieses Schlosses, mit der Küche mit dem Hausherrn mit der Geschichte des Hauses vertraut gemacht, Journalisten müssen ja über irgendwas berichten tagaustagein, 24 Stunden lang. In drei Tagen kommen sie, die Großen Sieben.

Die Medien sind schon da. Die Protestler reisen gerade an und organisieren sich. Und mir geht den ganzen Tag nicht aus dem Kopf, was für ein Irrsinn an Aufwand da getrieben wird, damit sieben Leute gemeinsam Tee trinken, Kuchen essen und die Klimafrage, die Grexitfrage und die Flüchtlingsfrage beschwätzen können.

Das, was bei diesem Gipfel rauskommt, haben die Hintersassen der Sieben in den vergangenen Wochen schon für die Schlussdokumente formuliert, die von den Großen Sieben dann halt feierlich verkündet werden. Da hätte auch eine Videoschaltkonferenz gereicht. Schon gut, dass die sich auch persönlich treffen, es geht ja auch um zwischenmenschliche Values, ob die sich zum Beispiel riechen, mögen, in die Augen gucken können. Aber hier in Garmisch kotzen die Leut‘. Einer sagte mir heute, da hätten sie die Olympischen Spiele Zwanzigzweiundzwanzig erfolgreich verhindert und jetzt kämen die daher; die sollten sich nicht in seine Nähe trauen, er würde die mit seiner Mistgabel vertreiben. Die Stimmung ist nicht gut in der beschaulichen Bergidylle, die jäh in die grelle Weltpolitik gerissen worden ist, in der Gullydeckel verplompt werden, Polizisten Straßenkontrollen errichten und unbescholtene Nachbarn vergattert sind, Ausweispapiere mitzuführen – beim Gang auf den Markt zum Radieserl kaufen!

Es kommt niemand der Großen „in die Nähe“. Sie haben sich abgeschottet 15 Kilometer weit weg auf diesem Schloss. Die Nähe ist nur medial, ein paar Live-Kameras filmen Pressekonferenzen da oben. Hier unten filmen tausend Kameras Demonstranten, Unzufriedene, G7-Gegner, Fleischereifachverkäuferinnen und Bürger mit Mistgabeln.
Am Sonntag spaziert Angela Merkel mit ihrem Gast Barack Obama bevor der Gipfel losgeht durch das Dörfchen Krün. 1.900 Leute wohnen da, leben von Viehzucht. Im Moment durchkämmen gefühlt dreimal 1.900 Sicherheitsagenten das Gelände. Vermutlich schweißen sie Milchkannen zu und überprüfen die Vita der Wiederkäuer im Ort.
Da fahre ich morgen mal hin und frage einige der 1.900, was sie davon halten, dass der mächtigste Mann der Welt und die angeblich mächtigste Frau der Welt sie besuchen kommen.

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