Jahreszeiten

  • Vereinigte Staaten von Amerika

    Noch hundertzweiundneunzig Tage

    Ich plane einen Roadtrip durch die USA: Von der Reise träume ich schon seit 1997. Nach Übernachtungen in New York, nach einer Reise über die Route 66, Aufenthalten in Florida, den Südstaaten, in New Orleans, Trips durch die Blue Ridge Mountains, dazu Washington D.C., Washington State mit Seattle plus Vancouver in Kanada, nach dem Highway No.1 mit San Francisco und Los Angeles inkl. George Lucas‘ Skywalker Ranch will ich den Nordosten der USA bereisen und an der kanadischen Grenze entlang nach Westen … „und dann mal gucken“. Das war der Plan. Aus dem dann Jahrzehnte nichts wurde. Erst fielen die Türme des World Trade Center, dann änderte sich mein Leben,…

  • Nuestra Señora del Carmen, Schutzpatronin der Fischer

    Die unscharfe Señora

    Eventuell bin ich zu blöd, eine Kamera zu halten. Das Valle feiert Party. Party mit einer Madonna. Auf den ersten Blick … alles klar, irgendein Marienfest, da ist die Strahlen umkränzte Mutter, das wonnige Heiligtum, wie schön, dass wir das hier während des Urlaubs erleben. Allerdings heißt die Dame mit dem Strahlenkranz und dem ebenso strahlenumkränzten Kind auf dem Arm Carmen – was sofort an La Traviata, die Vom Wege Abgekommene erinnert; Nuestra Señora del Carmen heißt sie, die Schutzpatronin der Fischer. Sie steht in Vuelta in der kleinen Kapelle. Und heute … heute wird sie aufs Meer gefahren, soll Fischgründe und -population besänftigen und den hiesigen Fischern ins Netz…

  • Meine Jogging-Strecke

    109 Kilogramm

    Geschafft! Nach fast vier Monaten bin ich zum ersten Mal wieder laufen gewesen. Glück gehabt: Kollegin A. fragte mit ihrer etwas spitzen Art und diesem mitleidigem Blick, den Menschen in den Zwanzigern Leuten in meinem Alter zuwerfen, wenn es um sportliche Aktivitäten oder vermeintlich juvenile Freizeitbeschäftigungen wie Tanzen geht, ob ich denn „auch schon wieder“ laufen wäre. Das konnte ich wahrheitsgemäß nur verneinen. Kollegin B., in meinem Alter, sprang mir bei und formulierte, ich hätte es „doch aber auch im Knie, oder?“ worauf Kollegin A. kicherte und ich lahm entgegnete, ja, das sei im Dezember gewesen, als es so nasskalt gewesen sei. Aber jetzt wäre ich einfach noch immer faul.…

  • Touristen am Strand von La Calera

    Am Strand

    Sucht man die Romantik der Einsamkeit, ist La Playa sicher nicht der richtige Ort. Der Strand von La Calera, der „Touristenhochburg“ des Valle Gran Rey, ist bevölkert von vielen Festland-Spaniern, verkleinert durch die nachmittägliche Flut und begrenzt durch den verschwundenen Sand. Schwarz ist der Sand auf den Kanaren, einem Archipel vulkanischen Ursprungs. La Gomera, eine von insgesamt sieben Inseln, vor elf Millionen Jahren dem Wasser entbrodelt, macht da keine Ausnahme. Nur in diesem Jahr ist der schwarze Sand … weg. Stürme im vergangenen Februar haben ihn weggeblasen. „Sand goes in November, comes back in May“ zitiert Britta eine spanische Redewendung. Ich habe den Eindruck, seit es hier im vergangenen Jahr…

  • Ein Terminator

    Und die Fiction hat doch Recht

    4. Mai 2013: Überall ist Wirtschaftskrise. Hunderttausende verlieren Arbeit, Haus und Hof, rechtsnationaler Terror und Religionsfanatiker schrecken die Gesellschaft auf, die dagegen mit immer schärferen Sicherheitsbestimmungen vorgeht. Was der Überwachungsstaat nicht darf, schafft ein mächtiges Computernetzwerk, genannt „world wide web“ mit links: Das Individuum wird entindividualisiert. Weltweit agierende Online-Händler verdrängen den lokalen Einzelhandel. Leer stehende Ladenlokale werden in der Folge von Spielhallen und Sexshops übernommen und sind dem Verfall überlassen. Die Innenstädte veröden. Aus der sogenannten Dritten Welt – meist vom afrikanischen Kontinent – rennen Millionen Hungernde gegen die mächtigen Mauern der satten Welt an. TV-Sender schreiben sich die Realität sendetauglich und zeigen in Scripted-Reality-Formaten, für wie kaputt sie ihre…

  • Die spinnen, die Radfahrer

    Nur weil ich das Gemecker über den Frühling, der ein Winter ist nicht ertrage, heißt das ja nicht, dass nicht auch mir manche Wetterphänomene gegen den Strich gehen. Der erste Frühlingstag zum Beispiel: Kaum spiegelt ein sich durch die Sonne kämpfender Sonnenstrahl dem Erdenbürger „Wärme“ vor, kommen die Besser-Radler aus ihren Kellern gekrochen und zeigen dem gemeinen Schuh- und Auto-Nutzer mal, wie man ökologisch korrekt zum Ausdruck gebrachte Freude auf die Straße bringt. Den iPod im Ohr rollen sie in fröhlichen Schlangenlinien vor sich hin, schlagen jauchzend die Sonne anblinzelnd Haken – und wenn ein Autofahrer erschrocken in die Bremsen steigt, weil dem pedalierenden Naturfreund es Momente zuvor gefiel, dessen…