Szene aus dem Film Gladiator von Ridley Scott (2000)
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Gladiator in der Osternacht

Wollte gestern noch den Spielbericht Bayern München – Borussia Dortmund im ZDFsportstudio gucken. Da bin ich hängen geblieben und plötzlich, mitten in der Nacht von Samstag auf Ostersonntag folgte auf das Sportstudio im ZDF Ridley Scotts Gladiator. Letzte Woche war ich im Livekonzert Hans Zimmer vs. John Williams, seither summe ich dauernd die Melodien des einen oder des anderen vor mich hin. Aber das als solches fesselte mich nicht an dieser x-te Fernsehausstrahlung jenes Films, der den Durchbruch Hans Zimmers zu dem Hans Zimmer markiert, den wir kennen.

Es war die Programmplanung, die mich irritierte: Das ZDF hatte dem Film in der Nacht zu Ostersonntag drei Stunden, 25 Minuten frei geräumt – dabei dauert er bisher immer zwei Stunden, 35 Minuten. Wie kann das sein, gibt es neue Szenen, fragte ich mich also gegen 00.45 Uhr und blieb sitzen, obwohl ich eigentlich geplant hatte, einigermaßen zeitig zu Bett zu gehen. Da hatten mich aber schon Ridley Scotts Bilder gefangen genommen.

Plötzlich saß ich auf meinem österlichen Sofa in einem Film zwischen Gestern und Morgen.
Gladiator ist der wahre Nachfolger solcher Leinwand-Epen wie Das Gewand, Ben Hur, Die zehn Gebote oder Cleopatra. Aber er hat keine Nachfolger. Weder im Sandalen-Spektrum, noch überhaupt. Filme wie „Gladiator“ sind Filmen gewichen, die manchmal atemberaubend von Superhelden erzählen – aber nur für den Moment. Ja, natürlich: Es gibt Autoren, die Filme drehen, die in ihrem Moment der Zeit ihre Berechtigung haben, in späteren Jahren aber ohne Belang bleiben. Mutiger Eskapismus, der auf der Leinwand jahrzehntelang seinen Platz findet, ist den Studio-Controllern zum Opfern gefallen.

Szene aus dem Film Gladiator von Ridley Scott (2000)

„Gladiator“, dieser Film aus dem Jahr 2000, ist eine heute geradezu unverschämte Bestätigung dafür, was Kino kann. Der Film thematisiert korrumpierte Macht, die Verführbarkeit des Volkes, die Sehnsucht nach dem einen, der die Dinge regelt, die Kunst des Showbusiness‘, ja sogar die Schwierigkeiten der Demokratie, thematisiert, also ungefähr drei Viertel der Themen, die uns 24 Jahre später immer noch umtreiben, und das alles in Form eines Sandalenfilms.

Dieser Film ist voller Momente. Wenn etwa Maximus Decimus Meridius bei seinem ersten Auftritt als Gladiator im großen Circus Roms das Kommando über seine bis dato für sich kämpfenden Mitstreiter übernimmt und mit seiner Horde Chancenloser mal kurz die Dramaturgie des römischen Karthagofeldzuges in ihr geschichtliches Gegenteil verkehrt. Der Australier Russell Crowe spielte in diesem Film die Rolle seines Lebens und legte den Grundstein für seine internationale Karriere.

Ridley Scott sitzt gerade in der Postproduction zu „Gladiator II“. Was soll da Neues passieren? Ich habe Angst. Andererseits hat Ridley Scott auch schon Blade Runner, seinen Meilenstein des Kinos 20 Jahre vor Gladiator, 35 Jahre später erfolgreich fortsetzen lassen. Dennoch bleibe ich beunruhigt.

Ich, der ich Gladiator bis dato acht Mal gesehen hatte, konnte mich bis zum Ende dieser aktuellen ZDF-Ausstrahlung nicht lösen. Mitten in der Osternacht saß ich gebannt vor einem unvergleichlichen Stück Filmgeschichte, einem Solitär, der die Jahrzehnte überdauert.

„Er war ein Soldat Roms. Ehrt ihn!!“ Ein großes Finale.

Dass der Film im ZDF eine Stunde länger dauerte, lag, wie sich herausstellte, an der Sommerzeit. Just während der Ausstrahlung wurden in der Osternacht die Uhren eine Stunde von 3 Uhr auf 4 Uhr vorgestellt.

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