• In La Calera

    Langsam ankommen

    Wir befinden uns – staatlich gesehen – in Spanien, westlich der Insel Teneriffa – auf der Insel La Gomera. Breitengradtechnisch indes befinden wir uns auf der Höhe der Sahara, die etwa 500 Kilometer östlich ist. Manchmal hat man hier deren Sand auf der Zunge, den der Kalimar, der heiße Sahara-Wind, vom afrikanischen Kontinent herüber trägt. Noch mal zur Einordnung: Marrakesch liegt – Breitengradtechnisch – 300 Kilometer nördlich. Kurz: Es ist heiß. Ein Klima, an das man sich erst gewöhnen muss – akklimatisieren. Die ersten zwei Tage verbringen wir im Schatten. Und in Supermercados – Wasser, Mangos, Wein, Brot, Melonen, Bier, Butter, Kaffee … was man halt so braucht. Wir tasten…

  • Urlaub in RTL-II-World

    Urlaub: Palmen. Meer. Die Luft schmeckt nach Salz. Du bewegst Dich tunlichst nur vor 10 Uhr und nach 18 Uhr; es sei denn, Du hast Schatten – in einem Wald oder so. La Gomera. Traumhaft. Aber vorher musst Du durch die RTL-II-Welt. Der Albtraum beginnt am Flughafen morgens zwei Stunden vor der angegebenen Abflugzeit. Die Schlange vor den Countern der Condor ist lang. Sehr lang. Es sind Menschen in ihren Vierzigern mit jeweils mehreren kleinen, lautstarken Kindern, die den großen Flughafen irre aufregend finden. Die Mütter tragen hennarot gefärbte Kurzhaarfrisur mit spitz zugeschnittenen Kotletten, die auf die Wange drapiert aussehen, wie ein arabischer Krummdolch. Die Männer tragen Bauch, Basecap, Bermudas.…

  • Geiz ist gesund

    Als ich am 23. Mai 2003 meine letzte Zigarette ausdrückte, tat ich das nicht aus gesundheitlichen Gründen, sondern in der Gewissheit, dass ich mir die von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt annoncierten demnächst vier Euro pro Schachtel – bei einem Konsum von durchschnittlich eineinhalb Packungen am Tag also täglich sechs Euro – nicht mehr würde leisten wollen. Heute ist das 10 Jahre her. 10 Jahre mal 12 Monate mal 180 Euro – statt dessen habe ich allerlei nützliches Spielgerät in weiß oder gebürstetem Aluminium mit Stecker bzw. Auspuff dran. Und meine Wohnung stinkt nicht mehr nach lebenden Toten.

  • Die Sache mit dem Raumschiff und den alten Zeiten

    Jetzt weint er wieder, der Fan der Enterprise. Also ..: der Fan der ersten Stunde. Der, der schon an Bord war, als 1966 dann doch noch eine weitere Staffel der nur eingeschränkt erfolgreichen TV-Serie produziert wurde. Also derjenige, der sich über die Jahrzehnte ein Recht darauf ersessen hat, zu bestimmen, wo es fürderhin lang geht mit Kirk, Spock, Pille, Enterprise, Picard, Data und so weiter. Der dann, nachdem das Raumschiff im Zuge der Science-Fiction-Euphorie um den ersten Krieg der Sterne auf die Kinoleinwand gekommen war, auch dafür gesorgt hat, dass so was wie Star Trek – The Motion Picture nicht noch mal vorkommt: Das war ja ein Kinofilm mit richtigen…

  • Ein Terminator

    Und die Fiction hat doch Recht

    4. Mai 2013: Überall ist Wirtschaftskrise. Hunderttausende verlieren Arbeit, Haus und Hof, rechtsnationaler Terror und Religionsfanatiker schrecken die Gesellschaft auf, die dagegen mit immer schärferen Sicherheitsbestimmungen vorgeht. Was der Überwachungsstaat nicht darf, schafft ein mächtiges Computernetzwerk, genannt „world wide web“ mit links: Das Individuum wird entindividualisiert. Weltweit agierende Online-Händler verdrängen den lokalen Einzelhandel. Leer stehende Ladenlokale werden in der Folge von Spielhallen und Sexshops übernommen und sind dem Verfall überlassen. Die Innenstädte veröden. Aus der sogenannten Dritten Welt – meist vom afrikanischen Kontinent – rennen Millionen Hungernde gegen die mächtigen Mauern der satten Welt an. TV-Sender schreiben sich die Realität sendetauglich und zeigen in Scripted-Reality-Formaten, für wie kaputt sie ihre…

  • Titel deutscher Tageszeitungen

    Qualitätsjournalismus

    An Tagen, nach denen sich in Deutschland eine neue Partei gegründet hat, kann man schön beobachten, wie Journalisten, Politiker (anderer Parteien) und sonstige Meinungsvervielfältiger ihren Job verstehen. Heute, Montag, ist Tag 1 nach Gründung der Partei Alternative für Deutschland (die gerne ohne Anführungsstriche geschrieben werden möchte, mal sehen, wie lange das gut geht). Die Partei tut sich vor allem mit dem Programm „Raus aus dem Euro“ hervor. Sie will den Euro-Währungsraum sukkzessive auflösen, weil die AfD-Mitglieder glauben, die Sache mit der gemeinsamen Währung ohne gemeinsamer Politik funktioniere nicht, seit Jahren gehe es mit Währung und Menschen bergab. Dass es mit der Währung nicht gut steht, ist offensichtlich, dass es mit…

  • Realpolitik

    Ich bin verliebt. Sowas passiert mir, ohne dass eine Frau involviert ist. Sowas passiert mir immer mal wieder. Ich bin ein Serienjunkie … TV-Serien. Ich habe geheult beim … ichglaube,bislangschönsten TV-Finale aller Zeiten, bei „Six Feet under“, war hypnotisiert von den Comicallegorien in „The Big Bang Theory“, ich war … bin … verliebt in ‚Robin‘ aus „How I met Your Mother“, ich stehe auf die fokussierte Professionalität der Enterprise-Crew in „The Next Generation“ … aktuell verschlinge ich „The West Wing – Im Zentrum der Macht“ (USA 1999 – 2006), eine Serie über die Geschehnisse im Weißen Haus um den Präsidenten, seinen Stabschef, dessen Vize, den Kommunikationsdirektor sowie dessen Vize, die…

  • Die Aipäddisierung der Welt

    Tja …, Frühstückstisch … Zeitung ausbreiten … den Joggern vorm Fenster bei Treppaufjoggen zugucken … auch vorbei. Ich breite meine Zeitung nicht mehr aus. Ich lese jetzt Zeitung auf dem iPad. Das heißt, ich kann sie jetzt bequem im Bett lesen, einhändig. Wieder so ein Bild, das diffundiert: Christoph übern Küchentisch gebeugt, Kaffee schlürfend, SZ lesend. War gestern, … „früher“. Früher war alles besser. Übersichtlicher. Irgendwie freundlicher. Früher war Fernsehen nicht „live“, sondern Schwarz-Weiß. Früher musste ich mich höchstens kümmern, wie ich mütterlichem Zorn entgehe, wenn ich völlig verdreckt vom Spielen komme, musste mich aber nicht um Miete und so Sachen wie Le-bens-hal-tungs-kos-ten kümmern. Früher war, als meine Eltern mir…