• The Palestinian Wall

    good price

    „I live in a fucked up Country“ begründet Eyad, dass er mich über den Tisch ziehen will; „It‘s a fucked up life“. Unversehens stecke ich wieder in einer dieser Situationen, die mich in den All-inclusive-Urlaub treiben können. Warum soll es eigentlich charmant sein, bei jeder Avocado über den Preis zu feilschen? Ich komme aus Köln Klettenberg, da stand schon, als ich noch Kind war, an dem blau-gelb-grünen Pollunder in der Kaufhalle 17 Mark 50; und die hat meine Mutter dann bezahlt. Ich bin in einem System groß geworden, in dem der Händler einen Preis bestimmt und ich dann sagen kann „Au ja“ oder „Och nö“. Sagen zu viele Kunden „Och…

  • Kenianische Ananas, geschnitten

    Ein Wort zur hiesigen Ananas

    Mit der hiesigen Ananas verhält es sich zu der in Deutschland erhältlichen, wie mit lieblichem zu trockenem Weißwein. Seit ich im Rheingau mal einen Riesling mit herber Note probiert habe, der dabei nicht sauer ist, sind die meisten übrigen Rieslinge für mich einfach nur Weißwein – mal als Tafelwein geeignet, mal immerhin als Gastgeschenk. Seit ich zum ersten Mal in die kenianische Ananas gebissen habe, bin ich für die nach Mainz importierten erledigt. Der importierten Frucht ist unterwegs die Säure verloren gegangen; sie schmeckt deswegen nicht schlecht, süß halt. Aber eben nicht so großartig, wie die hier in Kenia: saftig, frisch, süßsauer. Das wollte ich noch schnell sagen.

  • Große Drei-Brücken-Tour

    Die lange Flucht vor dem Wissen, wie es ist

    Beim Zahnarzt. Eindreiviertel Stunde, 105 Minuten. Länger als ein durchschnittlicher Woody-Allen-Film. Sie bohrt, schleift, macht Abdrücke, nee, tut nicht weh. Ich lass mir eine Spritze geben und gut ist. Eine neue Azubi, Inderin? Schwarze Glutaugen. Die andere Assistentin kenne ich schon, blond, blauäugig, jung, cool. Gefällt mir. Sitze einen Woody-Allen-Film lang unbeweglich da mit Maulsperre. Bohren, Schleifen, absaugen, „mal beißen, bitte“, die Azubi blickt’s noch nicht, macht Fehler und wird zickig; „ist sie immer, wenn es auf den Feierabend zugeht“, sagt die coole Blonde. Ich muss raus aus diesem Stuhl, mich bewegen. „Fertig für heute. Haben Sie schon einen neuen Termin?“ „Nein.“ „Das Labor braucht zehn Tage für die Krone.“…

  • Christophs Laufschuhe

    Stillstand

    Ich kann nicht laufen. Am letzten Tag auf La Gomera – eine Woche ist das schon wieder her – passierte, was Fußballer gerne na-gut-ich-sach-mal-der-Muskel-hat-zu-gemacht nennen. Ein Schmerz wie ein Krampf stach in meine linke Wade und lässt mich bisweilen humpeln. Heute Morgen dachte ich „Hurra, es wird wieder“, als es PANNGGGG machte und noch mal umso weher tat. Ich absolvierte meinen Frühdienst am Newsdesk und humpelte anschließend zum Rudern. Rudern geht, da ist die Wade einer der wenigen Muskeln, die nicht beansprucht werden. Half aber nichts. Jetzt ist mein linkes Schienbein samt Wade angeschwollen, als hätte mich eine 50cm-Wespe mit einem Liter Gift vollgepumpt. Zeitweise konnte ich mit dem linken…

  • Hinweisschild: Herrentoilette

    Hinterlassenschaften

    „Ma kann ja in solschen Lännen nischt aufs Glo gehe. Die Hüjäne da …“, sagt meine Kassiererin im Supermarkt, die meine Sonnenbräune bemerkt und angesichts meiner Einkäufe gefragt hatte, wo ich denn gewesen bin. Ich kann zu dem Thema „Hygiene in Toiletten anderer europäischer Länder“ nicht wirklich etwas beisteuern. Ich umgehe solche Örtlichkeiten im Allgemeinen und das auch recht, naja, erfolgreich. Dennoch überraschte mich die Einschränkung in dieser Aussage – „in solchen Ländern“. In solchen Ländern?? Ich finde ja, man kann auch in unserem Land öffentliche Toiletten nicht benutzen. Man kann in unserem Land ja nicht einmal Toiletten benutzen, die von vorgeblich gebildeten, mutmaßlich wohl erzogenen, vor allem aber von…

  • Fiesta in Playa de La Calera

    Flex

    „Wie war der Urlaub?“ „Du, Super! Also echt, diese Ruhe … das kennt man ja hierzulande gar nicht mehr! Du, Totenstille. Morgens nur das Rauschen des Meeres.“ Das ist alles gelogen. Wenn einen nicht sowieso einer der etwa 63 präpotenten Hähne aus dem Bett kikerikiiieet hat, dann nur, weil man am Abend vorher doch zwei Gläser Wein mehr getrunken hat, als unbedingt nötig gewesen wären. Aber dann schafft einen die Flex! Der Spanier und sein Schleifgerät bilden eine Liebesgeschichte für sich. Es vergeht kein Tag, nein: Es vergeht kein Morgen, an dem nicht irgendwo auf der Insel ein Gomerianer früh morgens zu seiner Schleifmaschine greift und irgendetwas schleift – und…

  • Geiz ist gesund

    Als ich am 23. Mai 2003 meine letzte Zigarette ausdrückte, tat ich das nicht aus gesundheitlichen Gründen, sondern in der Gewissheit, dass ich mir die von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt annoncierten demnächst vier Euro pro Schachtel – bei einem Konsum von durchschnittlich eineinhalb Packungen am Tag also täglich sechs Euro – nicht mehr würde leisten wollen. Heute ist das 10 Jahre her. 10 Jahre mal 12 Monate mal 180 Euro – statt dessen habe ich allerlei nützliches Spielgerät in weiß oder gebürstetem Aluminium mit Stecker bzw. Auspuff dran. Und meine Wohnung stinkt nicht mehr nach lebenden Toten.