Mainz

  • Karneval (Bild ist KI generiert)

    Sehnsucht nach Tante Emma

    Ich muss so 14, 15 Jahre alt gewesen sein. Es war Karnevalszeit in Köln, die Schaufenster voll mit Kostümen, Clownsmasken, Luftschlangen und Cowboyhüten. Es waren die 1970er Jahre, man durfte sich noch als Indianer verkleiden und sich dann auch so nennen, ohne von Lehrerinnen ermahnt und von wohl meinenden Parkaträgern der kulturellen Aneignung geziehen zu werden. Jedenfalls: Ich kaufte mir im Schreibwarenladen von Herrn Krauss ein automatisches Schnellfeuergewehr – aus Plastik, Schreckschuss, ganz und gar ungefährlich, sah aber martialisch aus und kostete die unglaubliche Summe von 27,90 D-Mark. Ich zahlte und ging freudestrahlend meiner Wege. Bis meine Mutter mich mit dem Ding sah, vor friedensbewegter Empörung in die Luft ging…

  • Im Taxi im nächtlichen Mainz

    Warten aufn Bus in Mainz

    Ja, ja: In der Stadt ist es leicht, sich mit dem ÖPNV zu bewegen, alle paar Minuten hält ’n Bus, der Dich wenigstens ins Zentrum bringt, von wo Du eh überall hin kommst. Auf dem Land ist das schwieriger. Mindestens so schwierig, wie in Mainz, der kleinen rheinland-pfälzischen Hauptstadt. Da ist es überhaupt schwer, abseits des eigenen Autos zuverlässig irgendwohin zu kommen, es sein denn zu Fuß. Ich bin bei Freunden eingeladen. Fondue, ein herrlicher Abend: Quatschen, Essen, Trinken, Essen, Lachen. Eigentlich schade, dass der letzte Bus in meine Richtung um 21.52 Uhr fährt, andererseits aber: Okay, ich muss ja morgen auch früh raus; ist ja erst Donnerstag. Und der…

  • Straßensperrungen in Mainz zum Tag der Deutschen Einheit

    #TdE: Bleiben Sie vom Fenster weg!

    Die Politik erkennt, dass sie auf die Probleme der Menschen eingehen muss. Zum Tag der Deutschen Einheit zeigt die Stadt Mainz: Hier muss man nicht arbeitslos oder ohne Kita-Platz sein, um sich abgehängt zu fühlen. Es reicht, in der Stadt zu wohnen. Die da oben und die da unten verstehen sich nicht mehr, reden aneinander vorbei, reden von Sachzwängen die einen, von Prioritäten die anderen. Dann bekommt eine Protestpartei 12,6 Prozent bei der Bundestagswahl und alle sind unisono erschrocken, reden von Nazipartei, „Gauleiter“ und völkischer Gesinnung, die es einzuhegen gelte. Im Übrigen seien mehr als 60 Prozent dieser Nazi-Partei-Wähler ja Protestwähler, mithin gar keine Nazis, mithin nicht gefährlich, mithin Leute,…

  • Die Mannschaft des „Rummtreiber“ jagt ins Ziel

    Tanker jagen beim Rhein-Marathon

    Nach elf Kilometern zwingt der Frachter „Freienstein“ uns in ein Rennen – ausgerechnet ein Frachter unter Mainzer Flagge. Wir rudern den Rhein-Marathon, Leverkusen Düsseldorf, 42,8 Kilometer und in diesem Jahr, für drei von uns ist es der dritte Anlauf, haben wir Ambitionen: Wir wollen aufs Treppchen. Wir haben einen schlechten Slot erwischt. Vom Startschuss weg hängt dieser „Freienstein“ neben uns, fährt 15, 16 Km/h, wir schaffen laut Ingos Ruder-App 16, 17 Km/h. Wenn wir also kreuzen wollen – und auf der Serpentinenartigen Strecke zwischen Leverkusen und Düsseldorf müssen wir das mehrfach – verlieren wir entweder viel Zeit damit, jedes Mal „Freienstein“ vorfahren zu lassen und hinter ihm zu kreuzen. Oder…

  • Der Himmel über einer kleinen Hauptstadt

    Der freie Wille

    Ich will reich sein. Ich will, dass immer die Sonne scheint. Ich will schlafen. Ich will ins Kino. Ich will lesen. Ich will joggen. Ich will abhängen. Ich will mich betrinken. Ich will rudern. Ich will Sex. Ich will weg. Ich will Nichts. Ich will alles. Ich will meine Ruhe. Ich will unsterblich sein. Ich will nach AustralienNeuSeeland. Ich will ‘n Eis. Ziemlich komplexe Sache, das mit dem wollen müssen.

  • An einem Bücherschrank in Mainz

    Leselust

    Bücher wegwerfen kann ich nicht. Ob das mit damals, Adolf Nazi, zusammenhängt, oder meiner bildungsbürgerlichen Erziehung geschuldet ist, weiß ich nicht – ich kann‘s jedenfalls nicht. Als ich nun im Zuge meines Neustarts auch meine Wohnung neu eingerichtet habe, sind dabei viele Romane, die, einmal gelesen, über die Jahre nur noch Staub gefangen haben, aussortiert worden. Wohin damit? Ebay? Amazon? Wer gibt denn Geld aus für einen alten Dan-Brown-Schinken, den alle längst im Fernsehen gesehen haben? Aus Kultursommer wird Lesekultur Ab in den öffentlichen Bücherschrank damit. Das sind meist ehemalige Stromverteilerkästen, die zu regendichten Bücherschränken umgebaut wurden. Die gibt es mittlerweile in vielen deutschen Städten, in Mainz schon seit dem…

  • Entbehrliche Regalbretter nach dem Umbau

    Überfluss

    „Danke“, sagt die Mainzer Flüchtlingshilfe, „aber Möbel können wir nicht lagern“. Ich könne aber Maße und Fotos der Möbel schicken, dazu eine Info, wie lange ich sie selbst lagern und ob ich sie selbst transportieren könnte. „Wir melden uns dann bei Bedarf zurück.“ Okay: Regale aus den schwedischen Baureihen Billy und Ivar sind keine Sammlerstücke. Aber Stauraum – hätte ich gedacht – können die Flüchtlinge und vor allem die vielen Helfer sicher gut gebrauchen. Falsch! Deutschland ist ein reiches Land. Wir leben im Überfluss. Spenden wie die meine sind … wertlos. „Zeit“ … wenn ich Zeit spenden könnte, die würde helfen – für Behördengänge und derlei, sagt die Flüchtlingshilfe. Die…

  • Im Großraum der heute.de

    Abschied auf Raten

    Meine letzten Tage im ZDF sind angebrochen. Plötzlich häufen sich jene Dinge, die mir zum letzten Mal widerfahren – Kantine, Konferenzen. Ich habe meine Schlüssel abgegeben. Ganz dem Zeitgeist gemäß halte ich die Eindrücke via SnapChat fest. Drei News-Schichten bleiben. Der Countdown läuft.