• Frauenbeine

    Als Prinzessin geboren

    Ich kann jederzeit erkennen, welche Frau als Kind von Sugardaddy auf Händen getragen und „meine Prinzessin“ gerufen wurde. Diese Frau steht heute immer im Weg. Im Supermarkt steht sie mit dem quer gerollten Einkaufswagen im Gang und betrachtet angelegentlich die Auswahl in den Regalen, während ein an-ihr-vorbei-kommen nur unter bedrohlich misszuverstehendem Körperkontakt möglich wäre. Mache ich sie mit meinem Wunsch vertraut, vorbei zu möchten, zischt sie giftig. In der Kantine stehen sie zu zweit vor der Suppenterrine, unterhalten sich angeregt über … ein Berechnungsprogramm, den neuen Kollegen, die neue Kollegin, die müde Kantine, den schlechten Tatort, aber sie gehen nicht weiter, wenn sie zu Ende eingeschenkt haben. Sie bleiben stehen.…

  • Hinweisschild: Herrentoilette

    Hinterlassenschaften

    „Ma kann ja in solschen Lännen nischt aufs Glo gehe. Die Hüjäne da …“, sagt meine Kassiererin im Supermarkt, die meine Sonnenbräune bemerkt und angesichts meiner Einkäufe gefragt hatte, wo ich denn gewesen bin. Ich kann zu dem Thema „Hygiene in Toiletten anderer europäischer Länder“ nicht wirklich etwas beisteuern. Ich umgehe solche Örtlichkeiten im Allgemeinen und das auch recht, naja, erfolgreich. Dennoch überraschte mich die Einschränkung in dieser Aussage – „in solchen Ländern“. In solchen Ländern?? Ich finde ja, man kann auch in unserem Land öffentliche Toiletten nicht benutzen. Man kann in unserem Land ja nicht einmal Toiletten benutzen, die von vorgeblich gebildeten, mutmaßlich wohl erzogenen, vor allem aber von…

  • Fastnachtsbrunnen in Mainz

    Einfach weiter

    Zweiter Tag zurück im realen Mainz nach drei Wochen Urlaub mit Familie. Nichts ist anders: Die Sonne scheint. Ich laufe im Polo draußen rum. Die Menschen sind teils schwer zu verstehen – nur statt spanisch reden sie rhoihessisch. Und heute Abend bin ich am Strand verabredet. Einziger Unterschied dort: Es gibt Liegestühle und andere Sitzmöglichkeiten, ich muss nicht im Sand liegen. Dafür ist das Bier teurer. Ganz anders die Familiensituation: Keine P. mehr, die kluge Fragen stellt und sich so schwer aufs Glatteis führen lässt. Aber auch kein gefühlter Zwang mehr, mich anzuschließen. Nein, natürlich zwang mich niemand, mit zu wandern. Wenn ich gewollt hätte, hätte ich auch drei Wochen…

  • Passagiere verlassen die Boeing 757 der Condor in Airport Rhein/Main

    Baggage Claim

    Aufgestanden heute um halb sechs, Taxi um sieben, Fähre um neun, Flieger um zwanzig vor fünf, landen mit Verspätung (und Uhr eine Stunde weiter drehen) um viertel vor elf. Und dann kommt der schlimmste Moment jeder Flugreise. Der schlimmste Moment bei den an schlimmsten Momenten nicht armen Pauschal-Flügen ist der Moment am Kofferband. Mit jedem Koffer, der kommt und in andere Hände als die Deinen fällt, steigt Dein Bauchschmerz, dass Dein Koffer wohl auf dem Weg nach Südamerika sein wird (mein Trauma rührt von der Oscar-Verleihung 1999 her, als ich vier Tage lang und bis zwei Stunden vor der Gala mit meinen Klamotten vom Anreisetag und zwei Hemden aus der…

  • Cola-Picknick in La Playa de La Calera

    Abschied

    Die letzte Nacht ist schwierig. Wir haben den Nachmittag am Strand verbracht, haben abends Brittas Vorschlag umgesetzt: Pizza & Bier/Cola auf dem Mäuerchen am Strand, statt essen gehen … … und wollten dann auf unserer Terrasse „Bilanz ziehen“ – ein Gedanke, der vor allem P. seit zwei Tagen in Unruhe versetzte (mich irgendwie auch) – und den Urlaub ausklingen lassen. Statt dessen tauchte Nachbar Miguel mit einer Flasche Rotwein auf – einer guten Flasche Rotwein. Fairerweise muss man sagen: Miguel, der eigentlich Eugen Michael heißt, ist drei Geschichten für sich; Deutscher der ersten Stunde auf La Gomera (seit 1980), rheinischer Provenienz, hat sich hier über die Jahre ein wunderschönes Domizil…

  • Katze zu Besuch

    Maunz

    Ein Hund denkt: „Mein Mensch gibt mir Heimat, umsorgt mich, gibt mir Futter. Er muss Gott sein!“ Eine Katze denkt: „Mein Mensch gibt mir Heimat, umsorgt mich, gibt mir Futter. Ich muss Gott sein!“ Kurz: Katzen brauchen Dosenöffner, keine Freunde. Diese über die Sozialen Medien, Filme und Ratgeber-für-die-einsame-Hausfrau ventilierte Erkenntnis kann ich mit Erfahrungen mit unserer einstigen Familienkatze, Ming-Küng, unbedingt unterstreichen: Ohne Futter kein Schmusen. Seltsames Gomera: Ich habe seit zwei Tagen eine neue Freundin. Sie hat ein abgebissenes Ohr, ein Auge, dessen offensichtlich gewaltsam untermalten Werdegang ich nicht so genau wissen möchte. Aber sie hat ein seidenes Fell – anders als all die verfilzten Felidae, die ich in Griechenland,…

  • Rucksack Cougar 45

    Abenteuer im Sack

    Der letzte Tag ist angebrochen. Reinhard konnte seine Lieben zu einer letzten Wanderung überreden, „eine Stunde hin, eine zurück, schöne Eindrücke“. Ich bin zurückhaltend, was solche Beschreibungen angeht, was daran liegt, das auch eine-Stunde-hin-eine-zurück nicht immer ohne Knochenbrecherabstiege abgeht und ich Zivilisationsopfer Panik schiebe, ich könnte mir auf den abschüssigen Wegen über Stock und Stein den Fuß verrenken, brechen, abreißen, was auch immer – ich bin grundsätzlich mehr für das zu haben, was der Wanderführer „relativ ebene Strecke“ oder „Forstwanderweg“ nennt. Wirklich misstrauisch gegenüber Reinhards eine-Stunde-hin-eine-zurück-Schilderung aber macht mich der Rucksack, den er stets mitführt, einen Cougar 45, dessen Hersteller von perfektem Sitz „dank ErgoVent-Vario-Tragesystem“ schwärmt und „Ergonomisch geformte, verstellbare…

  • Schilderwald: Überholen verboten - Überholverbot aufgehoben

    Überholte Programme

    Auf der Rückfahrt vom Strand in Alojera frage ich mich mal wieder, ob das alles so richtig ist und da kommt dann der deutsche Nachrichtenredakteur in mir durch, der andauernd darüber berichtet, dass GriechenlandIrlandSpanienPortugal wieder Geld aus einem dieser Euro-Rettungsfonds brauchen und, hey, wir helfen doch gern. La Gomera ist eine südeuropäische Insel mit Bergen. Als solche hat sie sehr kurvige Straßen, der mitteleuropäische Familienvater schnalzt nonchalant von „Serpentinen„. Wie der Spanier sie nennt, weiß ich nicht, aber dass ihm vor jeder Kurve gesagt werden müsste, dass er in dieser Kurve nicht überholen darf (und auch unter keinen Umständen überholen sollte, weil, lebensgefährlich und so), das kann ich nicht glauben.…