Gesellschaft

  • Artwork: Captain America vs. Iron Man in Captain America: Civil War (2016) Artwork: Captain America vs. Iron Man in Captain America: Civil War (2016)

    Superhelden zwischen Nietzsche und Vollkasko

    Superheld zu sein ist auch nicht mehr, was es mal war. Früher wurde man als Retter vor bösen Aliens gefeiert. Heute schimpfen alle, wenn bei der Rettung mal die halbe Stadt kaputt geht. Im jetzt startenden Captain America: Civil War sollen Superhelden zu Befehlsempfängern werden. Das waren noch Zeiten, als Superman ein Auto hoch hob und gegen ein paar Straßendiebe schleuderte – die umstehenden Passanten applaudierten bewundernd. Heute rufen diese Passanten ihren Anwalt und verklagen den Superhelden auf Schadenersatz – wahlweise wegen des geschrotteten Autos oder wegen psychischer Langzeitfolgen aufgrund der erlebten Gewalt. Eine zerstörte Großstadt als Kollateralschaden Kürzlich hat Superman im Kino halb Metropolis zu Klump geschlagen; aus Versehen.…

  • Christoph ist felixeltz bei Snapchat

    Auf nach Digitalien

    Ich habe einen Account bei Facebook. Ich bin bei Twitter. Auf Instagram lade ich bisweilen Bilder hoch. Bei Pinterest bin ich auch immer noch. Seit neuestem probiere ich mich auf Snapchat. All diese Accounts sinnvoll zu steuern, sie vernünftig zu nutzen, erfordert andere Skills, als sich in ein Auto zu setzen, zur Arbeit zu fahren und im analogen Miteinander das Leben nicht den Bach runter gehen zu lassen. Als Christoph Hartung eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem digitalisierten Hologramm verwandelt. Ich verwandele mich. Meine analoge Körperlichkeit entwickelt sich zu einem 90 Kilo schweren Anhang eines Geistes, der zu lernen beginnt, dass er…

  • Banner: The Newsroom

    Scheiß auf die Nachrichten!

    Jetzt ist schon wieder März. Das Jahr geht in seinen dritten Monat. Und es ist ein besonderes Jahr; jedenfalls für mich. Ich scheide Mitte Mai aus meinem aktiven Job aus und es wäre gelogen zu behaupten, dass mich das total happy macht. Ich will aber nicht jammern, zumal ich glaube, dass es genau der richtige Zeitpunkt ist – aber es bleibt ein angenehmer Zufall. Im Kino ist gerade Spotlight angelaufen, ein Film, der den Job des Journalisten preist. Ich habe eben die dritte (und bedauerlicherweise letzte) Staffel der HBO-Serie The Newsroom geschaut, eine TV-Serie aus der Feder des großartigen Aaron Sorkin (Hallo, Mr. President – 1995), die die hehren Werte…

  • Nachbildung einer Oscar-Statuette

    Spannende Nacht mit ein paar seltsamen Oscars

    Leonardo DiCaprio hat den Oscar bekommen. Man weiß nur nicht so genau, als was: Als Naturschützer? Minderheiten-Rächer? Oder doch als Schauspieler in The Revenant? Er weiß es wohl selbst nicht. Aber der Hype um ihn hat manch gelungene Oscar-Entscheidung vergangene Nacht an den Rand gedrängt. Da stand der Ausgezeichnete auf der Bühne der großen Gala mit dem Preis in der Rechten. Er nehme diese Auszeichnung nicht als selbstverständlich, sagte er und forderte sein Publikum auf, ebensowenig diesen unseren Planeten als selbstverständlich zu nehmen. Standing Ovation für den Klimaschützer mit dem Oscar „Wir alle gemeinsam“, sagt er, müssten gegen den Klimawandel kämpfen. „Der Klimawandel ist real! Er ist hier! Er ist…

  • Am Strand von Tel Aviv

    Eine Lanze für den Strand

    Ich wache wieder in meinem eigenem Bett auf. Und mein erster Gedanke meines noch sehr im Urlaub hängenden Gemüts – ich finde es immer noch erstaunlich, dass es die Technik ermöglicht, schon Monate im Voraus präzise zu sagen, wie lange ich an einem bestimmten Tag für die Strecke von Tel Aviv nach Mainz brauchen werde und die Voraussage dann auch so eintrifft; aber für mein Gemüt, meine Seele waren diese sechs Stunden, 20 Minuten von dort nach hier eindeutig zu schnell – also mein erster Gedanke meines noch sehr im Urlaub hängenden Gemüts ist „Jetzt wär‘ ich gerne am Strand!“ Das finde ich doch einigermaßen erstaunlich. Da war ich zwei…

  • The Palestinian Wall

    good price

    „I live in a fucked up Country“ begründet Eyad, dass er mich über den Tisch ziehen will; „It‘s a fucked up life“. Unversehens stecke ich wieder in einer dieser Situationen, die mich in den All-inclusive-Urlaub treiben können. Warum soll es eigentlich charmant sein, bei jeder Avocado über den Preis zu feilschen? Ich komme aus Köln Klettenberg, da stand schon, als ich noch Kind war, an dem blau-gelb-grünen Pollunder in der Kaufhalle 17 Mark 50; und die hat meine Mutter dann bezahlt. Ich bin in einem System groß geworden, in dem der Händler einen Preis bestimmt und ich dann sagen kann „Au ja“ oder „Och nö“. Sagen zu viele Kunden „Och…

  • An Jom Kippur gehört die Stadt den Fußgängern

    Geisterstadt

    Und wenn dann plötzlich Motorengeräusch zu hören ist. Wenn die Telavivians, die eben noch in den Sonnenuntergang am Strand vertieft waren, sich unterhalten haben, beim Beachball neue Kontakte geknüpft haben, sich plötzlich, Zombie-gleich gen Küstenstraße wenden, wo flackerndes Neon vom Neustart des Restaurants, des Imbiss, des Supermarktes kündet – dann ist Jom Kippur vorbei. 28 Stunden Stillstand räkeln sich, dehnen sich. 28 Stunden, in denen einfach Ruhe herrschte. Ja, wer akut lebensgefährdet ist, wird behandelt. Wer in Not ist, hat in der Polizei seinen Ansprechpartner. Und drückte irgendein Araber auf einen Roten Knopf, wäre Benjamin Netanjahu in der Lage, den Verteidigungsfall auszurufen. Darüber hinaus herrscht Stille. Tel Aviv mit seinen…

  • Mietwagen mit Getriebeschaden an der Autobahn 2 zwischen Caesarea und Tel Aviv

    Breakdown

    Und plötzlich bist Du raus. Der Moment, in dem Deine Alltagsroutine Makulatur wird und Du Dich in unerforschtem Terrain befindest, ist nicht zufällig favorite plot großer Horror-Autoren wie Stephen King oder John Carpenter. Ich hatte meinen Moment, in dem das dünne Bändchen zur eingebildeten Sicherheit riss, bei windstillen 33 Grad, 45 Kilometer vor Tel Aviv (das jedenfalls sagte mein Navi, das, wie ich an dieser Stelle wohl erwähnen sollte, sich bisweilen schlechter im links-rechts-geradeaus-Straßenverkehr israelischer Städte auskennt, als ich) auf der Autobahn 2 zwischen Caesarea und Tel Aviv. Der Motor jault auf, Gangknüppel und Getriebe finden nicht mehr zueinander; als Laie würde ich sagen, mein Chevrolet dreht durch. Unangenehm. Aber…