• Nuestra Señora del Carmen, Schutzpatronin der Fischer

    Die unscharfe Señora

    Eventuell bin ich zu blöd, eine Kamera zu halten. Das Valle feiert Party. Party mit einer Madonna. Auf den ersten Blick … alles klar, irgendein Marienfest, da ist die Strahlen umkränzte Mutter, das wonnige Heiligtum, wie schön, dass wir das hier während des Urlaubs erleben. Allerdings heißt die Dame mit dem Strahlenkranz und dem ebenso strahlenumkränzten Kind auf dem Arm Carmen – was sofort an La Traviata, die Vom Wege Abgekommene erinnert; Nuestra Señora del Carmen heißt sie, die Schutzpatronin der Fischer. Sie steht in Vuelta in der kleinen Kapelle. Und heute … heute wird sie aufs Meer gefahren, soll Fischgründe und -population besänftigen und den hiesigen Fischern ins Netz…

  • EU-Allergen-Verordnung in der Speisekarte

    Verordnung 1169/2011

    Es muss am grauen Sand liegen. Nebenan auf Teneriffa haben sie ja Strände umgefärbt, haben tonnenweise Sand aus der Sahara eingeschifft, um hier und da gelbe Strände vorweisen zu können. Auf La Gomera gibt es sowas nicht. Deswegen ändert sich hier nichts, bleiben die Rollkoffer-Horden fern. Die Touristen sind ebenso immer dieselben, wie die Häuser; neue gibt es nicht. Offenbar kommen also die Menschen, die grauer Sand zugunsten einer einfach gebliebenen Inselgesellschaft nicht stört, immer wieder, und die Massentouristen bleiben im gelben Saharasand der Nachbarinsel Teneriffa hängen. Wer auf La Gomera mit Plänen kommt, durch Hotels daran was zu ändern – die Architektur fügt sich beinahe unsichtbar in die Bergformationen…

  • Buch von Fredmund Malik: Führen Leisten Leben

    Perpetuum Lektüre

    Als ich im Sommer 2012 zum ersten mal mit Schwester Britta und deren Freund Reinhard nach La Gomera reiste, hatte Reinhard ein sogenanntes Standardwerk als Lektüre im Gepäck. Das Buch von Fredmund Malik trägt den Titel „Führen. Leisten. Leben“. Das klang nicht unbedingt nach Urlaubslektüre. Andererseits arbeitet Reinhard im gehobenen Management, da passt das irgendwie. „Die Bücher von Fredmund Malik“, wirbt der Autor selbst auf seiner Website, „sind seit Jahren Standardwerke der Management-Literatur und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt“. In diesem Jahr, wir schreiben Sommer 2016, hat Reinhard das Buch wieder im Gepäck. So wie im vergangenen Jahr. Und im Jahr davor. Und 2013. „Ich kann nicht so lange lesen“,…

  • La Playa, Valle Gran Rey

    Reisegruppenbuilding

    Sechs Menschen verreisen gemeinsam. Drei Frauen, drei Männer, drei Wochen, zwei Ferienwohnungen, zwei Generationen, zwei Paare, zwei Singles. Das klingt wie ein Drehbuchkonzept für eine französische Sommer-Romanze, an deren Ende drei Paare stehen – allerdings keines der vom Anfang mehr. La Gomera – Außenposten des Sauerlands So wird es bei uns nicht sein. K. und L. – das eine Paar – sind 18, Reinhard ist mit meiner Schwester Britta liiert – das zweite Paar; Reinhards Tochter P. ist 17 und schließlich noch ich, 55. Aus dieser Konstellation neue Paare zu würfeln, würde selbst ein Gesellschafts-Filetierer wie Claude Chabrol vor große Probleme stellen. Was aber nicht heißt, dass nicht trotzdem eine…

  • Ankunft am Flughafen Tenerife Sur

    Gegen die Menschenwürde

    Aus Sicht des Flugreisenden ist Adipositas eine Volksseuche, für deren Bekämpfung erheblich mehr Steuergelder aufgewendet werden müssten. Man liest das ja immer in Artikeln – oder stolpert im Fernsehen über einen Bericht, in dem zuverlässig nackte, käsige Beine, die aus Hot Pants quellen, zu sehen sind –, dass die Deutschen „immer dicker werden“. Aber wenn man dann direkt betroffen ist … Es ist erschreckend zu sehen, welche Masse an zu viel Menschenfleisch sich heutzutage durch die Sitzreihen der Touristenflieger schwabbelt. Noch schrecklicher, wenn einer dieser Menschenberge im Sitz neben Dir Platz nimmt und mit souveräner Ignoranz seine Wülste über die Lehne in Deinen ohnehin eng bemessenen Sitzbereich wobbelt. Es zählt…

  • Der Himmel über einer kleinen Hauptstadt

    Der freie Wille

    Ich will reich sein. Ich will, dass immer die Sonne scheint. Ich will schlafen. Ich will ins Kino. Ich will lesen. Ich will joggen. Ich will abhängen. Ich will mich betrinken. Ich will rudern. Ich will Sex. Ich will weg. Ich will Nichts. Ich will alles. Ich will meine Ruhe. Ich will unsterblich sein. Ich will nach AustralienNeuSeeland. Ich will ‘n Eis. Ziemlich komplexe Sache, das mit dem wollen müssen.

  • Brexit (Symbolbild)

    Sperrt die Alten weg!

    Vor einem Jahr haben alle darüber nachgedacht, wie man die Pleite-Griechen aus der EU werfen könnte, ohne sich die diplomatischen Finger schmutzig zu machen. Das Wort vom #Grexit machte die Runde. Ein Jahr später sind die Griechen immer noch in der EU. Statt dessen ist das United Kingdom draußen, freiwillig. Gut so! Mit Großbritannien verlässt der stärkste Spaltpilz der Union die EU. Ein Land, das mitmachen wollte, um sich Einfluss zu sichern, aber, bitteschön, sonst nichts mit den Kontinentalen zu tun haben wollte. Es gab dafür aus historischer Sicht gute Gründe. England und später UK waren schon demokratisch, als der Kontinent noch von feudalen Kriegen beherrscht wurde. Warum also sollten…

  • An einem Bücherschrank in Mainz

    Leselust

    Bücher wegwerfen kann ich nicht. Ob das mit damals, Adolf Nazi, zusammenhängt, oder meiner bildungsbürgerlichen Erziehung geschuldet ist, weiß ich nicht – ich kann‘s jedenfalls nicht. Als ich nun im Zuge meines Neustarts auch meine Wohnung neu eingerichtet habe, sind dabei viele Romane, die, einmal gelesen, über die Jahre nur noch Staub gefangen haben, aussortiert worden. Wohin damit? Ebay? Amazon? Wer gibt denn Geld aus für einen alten Dan-Brown-Schinken, den alle längst im Fernsehen gesehen haben? Aus Kultursommer wird Lesekultur Ab in den öffentlichen Bücherschrank damit. Das sind meist ehemalige Stromverteilerkästen, die zu regendichten Bücherschränken umgebaut wurden. Die gibt es mittlerweile in vielen deutschen Städten, in Mainz schon seit dem…